Konjunktiv I und II richtig erklärt

von | 07. Aug 2014 | Tipps | 0 Kommentare

Die Sache mit dem Konjunktiv

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Rettet den Konjunktiv!

Der Konjunktiv erweist sich beim Korrekturlesen von Diplomarbeiten, Masterarbeiten oder Dissertationen als das größte Sorgenkind. Studenten wissen oft nicht, ob und wenn ja welcher Konjunktiv überhaupt wie angewendet wird, da er zusehends aus der Alltagssprache verschwindet. In der wissenschaftlichen Sprache, also beim Abfassen von Magisterarbeiten und Examensarbeiten, ist er aber nach wie vor unerlässlich.

Der Modus eines Verbs gibt nämlich zum einen Auskunft darüber, ob ein (unbestreitbares) Faktum oder die Position des Verfassers, also des Studenten selbst, wiedergegeben wird (dann steht der Indikativ), und zum anderen, ob die Ansicht eines anderen Autors/Wissenschaftlers wiedergegeben wird – dann steht der Konjunktiv I der indirekten Rede: „Diese Dissertation, so der Gutachter, enthalte viele formale und sprachliche Mängel und bedürfe daher eines umfassenden Lektorats und Korrekturlesens. Nur so werde die Arbeit zu retten sein.“

Eine andere Funktion wiederum hat der Konjunktiv II (Eventualis). Er ist jener Konjunktiv, auf den sich der in der Überschrift ausgedrückte Wunsch nach einer (ästhetischen) Rettung des (alten) Konjuntivs bezieht, wie er etwa in dem schönen von Martin Luther übersetzten Bibelvers zum Ausdruck kommt: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ Während von diesen drei Konjunktivformen nur noch Letzterer gebräuchlich ist, ersetzt man die beiden Ersteren heute durch das Hilfsverb „würde“.

Als Faustregel sollte man sich merken – und so handhaben wir es auch beim Korrekturlesen der Dissertationen –, dass man den „echten“ Konjunktiv auch stets dort verwendet, wo es ihn gibt und er durchaus noch gebrauchlich ist („er bekäme, es gelänge, sie ginge“) und ansonsten das unvermeidbare „würde“ einsetzt, wo es zu altertümlich klingt („er würde helfen“ statt „er hülfe“) oder gar kein solcher existiert („er würde sagen, sie würde reden“), also bei den sog. regelmäßigen Verben.

Etwas verzwickt wird es da, wo sich Konjunktiv I und II in die Quere kommen, was dann passiert, wenn der Konjunktiv I der indirekten Rede mit dem Indikativ identisch ist. („Der Gutachter der Dissertation sagt, dass seine Doktoranden nach einem professionellen Lektorat eine bessere Note bekämen“). Dann wird eben aus dem Singular („er bekomme“) im Plural (statt „sie bekommen“) „sie bekämen“.

Da man als Autor/Student beim Schreiben darauf nicht immer genau achtet, ist es stets sinnvoll, wenn ein professionelles Korrekturlesen hier genau auf die korrekte Verwendung des Konjunktivs achtet, um eine optimale sprachliche Qualität zu gewährleisten, wie sie nur ein Lektorat bieten kann.[/one_second]

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Umgang mit dem Konjunktiv

So richtig weiß man es in der Regel nicht, wie er denn im Deutschen gebildet oder auch angewendet wird. Es ist zwar richtig, dass der Konjunktiv etwas mit der Realität zu tun hat. Wir finden ihn dort nämlich oft, aber zu suchen hat er da normalerweise nichts. Sein Recht findet er dort, wo wir sprachlich Möglichkeiten erwägen oder sprachlich auf Distanz zu mitgeteilter Rede gehen.

In unserer Welt des Reellen und des Faktischen, in der der Indikativ regiert, stellt sein vermeintlich ausgemusterter Bruder, der Konjunktiv, einen veritablen Stolperstein dar; und zwar immer dann, wenn man bereit ist, etwas vom Hören und Sagen, von Angelesenem und Angesehenem zu kolportieren und zu behaupten: „So ist es.“

Nun werden heutzutage von immer mehr Leuten immer mehr Behauptungen aufgestellt. Macht man diese Behauptungen durch die Kennzeichnungen des Konjunktivs nicht als indirekte Rede deutlich, bedeutet das, dass man sie für bare Münze nimmt und sich mit ihnen identifiziert.

In wissenschaftlichen Arbeiten geriete dies in die Nähe eines Plagiats. Es macht schon einen Unterschied, wenn man schreibt: „Shakespeare ist nicht der Autor seiner Dramen“ oder „Shakespeare sei nicht der Autor von Hamlet und Romeo and Juliet“. Auch wenn man sich auf Äußerungen der eigenen Freunde schriftlich korrekt berufen will, macht sich der Konjunktiv einfach besser: „Sie schreibt, sie komme morgen später.“

Ganz ehrlich, sprachlich elitär kommt Knabe Konjunktiv schon daher, denn in mündlicher Rede existiert er so gut wie nicht. Allenfalls trifft man ihn dort mit “würde“ und „würdet“. Ich würde gern korrekt Deutsch und Englisch sprechen können.

Hier sind wir denn auch schon bei den Wünschen, Vorstellungen und gedanklichen Vergleichen, die sich nicht auf die festlegbare Realität beziehen. Der Konjunktiv ist auch und vor allem eine Ausdrucksweise dessen, was sein könnte, was aber nicht ist: „Es komme, was da wolle.“

Eingetreten ist das für den Sprecher noch nicht und in seinen Erwartungen gibt er sich sehr vage. „Es“ mag sich auf einen Wunsch, einen Traum, eine Vorstellung oder auf etwas völlig Schleierhaftes beziehen. Es mag sogar sehr wahrscheinlich sein, was da kommen könnte. Aber als real wird es dennoch nicht angesehen, darum ist dies ein Fall für den Konjunktiv.

Eindeutiger ist die Sache, wenn man zum Ausdruck bringen will, dass etwas nach eigener Ansicht mit Gewissheit nicht zu erwarten ist: „Wäre ich Bundeskanzler, ginge es allen besser in diesem Lande.“

Letzte Frage: Brauchten wir denn den Konjunktiv? Klare Antwort: Brauchten wir nicht! Wenn alles klar und wirklich und nichts möglich ist.[/one_second]

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