Das Kreuz mit dem Komma
In der „ZEIT“ war neulich zum Thema Rechtschreibung der schöne, aber bittere Satz zu lesen: „Der Fortbestand der freilebenden sibirischen Tiger ist weniger bedroht als der Fortbestand des korrekt gesetzten deutschen Kommas.“ Das ist provokant – aber leider wahr.
So berufen sich Studenten – und nicht nur diese, sondern auch nicht wenige Professoren –, die Kommata nach Gusto, aber regelfrei über Texte zu verteilen pflegen, darauf, dass nach der Rechtschreibreform eh keiner mehr irgendetwas wisse. Das ist aber aus mindestens zwei Gründen falsch.
Erstens: Von Akademikern kann man erwarten, dass sie die deutsche Sprache beherrschen und dementsprechend auch Kommata richtig zu setzen wissen.
Zweitens: Der DUDEN erlaubt ausdrücklich die Kommasetzung nach der alten Rechtschreibung, sodass das Argument, durch die neuen RS-Regeln (die so neu nun auch nicht mehr sind, sondern in ihrer zuletzt aktualisierten Fassung seit August 2004 gelten) verwirrt zu sein, nicht verfängt.
Gemäß der alten Rechtschreibung müssen zwei durch „und“ miteinander verbundene Hauptsätze durch ein Komma abgetrennt werden. Wir empfehlen ausdrücklich, diese Regel, die wie gesagt auch der aktuelle DUDEN duldet, anzuwenden, da sie das strukturierte Lesen erheblich vereinfacht – und genau das ist ja der Sinn der Kommasetzung – also zum Beispiel: Die Studenten haben die größten Probleme mit der Interpunktion, und die Professoren tun sich mit ihr nicht minder schwer.
Während hier das Komma vor dem „und“ optional gesetzt werden kann, muss es vor einem „und“ stehen, wenn ein Nebensatz abgetrennt wird. So lesen unsere Lektoren oft in Bewerbungstexten folgenden Schlusssatz, in dem sie das notwendige zweite Komma schmerzlich vermissen: Ich würde mich sehr freuen, von Ihnen zu hören, und verbleibe mit freundlichen Grüßen …
Und ebenso: Er wusste nicht, dass hier ein Komma hingehörte, und ließ es daher weg.
Da die Bedeutung der Kommasetzung notorisch unterschätzt wird, lohnt es sich in den meisten Fällen schon allein um ihretwillen, einen Text – von der Bachelorarbeit über die Masterarbeit bis zur Dissertation – Korrektur lesen zu lassen.
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